Montag, 18. Mai 2009

Am Fenster (Lyrik)




Dass ich nun lache: wegen der Frau, die ängstlich

ihren Hals verdreht, auch wegen dem Kind, das gellend

in den Hof schreit, auch wegen der Schritte

auf der Treppe, dass ich mich

wundere: wegen der geplatzten Adern

unter deinen Augen, dass ich nun würgen muss, mich

schüttele und krümme, dass ich verkrampfe,

zusammenzucke, dass ich all das: die alte Frau

am Fenster, mit ihren Brüsten auf dem Sims mit ihren

Schweinsaugen, den dreckigen Hof voll Krempel

und Mondschein, auch die Kinder, die längst

im Bett sein müssten und noch Fußball spielen,

auch jenen Schuh, der ohne Besitzer

neben dem Gerüst liegt, auch die Feiernden

im Park, auch die matt glimmenden

Straßenlaternen und Lampions, auch die Frau

im cremefarbenen Kleid, mit einem Finger

gegen die Stirn tippend, die laute Musik

aus den Boxen, die Notstromaggregate

unten auf der Party, auch die Tische, wackelig

und festlich geschmückt, auch die Holzbänke, auch

die Bierflaschen, die rostroten Stangen

der Schaukel, den Jungen mit Rucksack

an der rechten Schulter, die Fahrräder

in den Hauseingängen, die Klappstühle und

Wäscheleinen, die alte Katze, die dreibeinig

durchs Gras streicht, auch die tief inhalierten

Zigaretten, die lockeren Hüften der Tanzenden,

das Krächzen des dicken Mannes, das Mädchen

mit verfilztem Haar im Nachthemd, auch

das Maklerbüro gegenüber, das immer noch

leer steht, die Slogan an den voll gesprühten

Wänden: „Thüringen, hier stinkt es

nach Roster!“, die cremefarbenen Cocktails, auch

das Zittern der Hausspinnen am Sims, und auch

Dich meine Liebe, dass ich all das nun

laut auslache: es sei mir verziehen.

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